Immobilienhaie am Helmholtz-Gymnasium
Am 23. und 24. Mai 2025 führte das Mittelstufentheater unter der Leitung von André & David Leibensperger das Theaterstück „Zuhause“ auf.
In Funktions- und Personalunion entwarfen die beiden kreativen Köpfe nicht nur als Autoren diese tragikomische Gesellschaftssatire, sondern traten auch als das Regie-Team des engagierten Mittelstufentheaters ins Rampenlicht.
Die groteske Gesellschaftssatire, die sich mit dem Thema Wohnen, Gentrifizierung, Kapitalismus und sozialer Ungleichheit auseinandersetzt, spielt in einer nicht näher bezeichneten Großstadt, die exemplarisch für viele urbane Lebensrealitäten steht.
Die junge Studentin Mia kämpft mit steigenden Lebenshaltungskosten, insbesondere der Miete. Der finanzielle Druck und die Unsicherheit prägen ihren Alltag. Sie verkörpert die prekäre Lebensrealität vieler junger Menschen in einem neoliberalen, kapitalistischen Wohn- und Wirtschaftssystem.
Der „Monopoly Mann“ mit Zylinder und Zigarre ist als die perfekte personifizierte Allegorie für das Kapital dargestellt und hervorragend geschauspielert – eine zynische, alles verschlingende Macht, die sich durch das Stück zieht und nahezu gottgleich über das Geschehen wacht.
Das Stück beginnt mit einer absurden Darstellung der „Maschine“, die das System symbolisiert. Mia versucht Geld abzuheben, wird aber sofort vom Monopoly Mann zur Abgabe ans Sparschwein gezwungen – eine Metapher für ausbeuterische Finanzstrukturen. Das rosa Sparschwein glänzt im Scheinwerferlicht und seine Nase blinkt rot.
Mia kämpft mit Rechnungen, leerem Kühlschrank und innerer Erschöpfung. Ihr Freund Anton reagiert auf ihre Sorgen mit philosophischen Lebensratschlägen, die aber leider an ihrer Realität vorbeigehen. Soziale Begegnungen mit Freunden zeigen meist nur die Alltagsflucht und die Hilflosigkeit dieser, weil sie selbst unter der bedrückenden Situation der Ausbeutung leiden. Eine drastische Mieterhöhung durch die Immobilienfirma „Marx & Engels“ bringt Mia an den Rand der Verzweiflung. Und wieder glänzt das rosa Sparschwein im Scheinwerferlicht.
Sie sucht Hilfe bei Freunden und Familie. Jonas zeigt Mitgefühl, Anton bleibt abgehoben und ihre Eltern sind in ihren eigenen Problemen verfangen.
Der griechische Chor singt die Immobilienhai-Hymne und reflektiert mit beißender Ironie das ausbeuterische System und seine zerstörerische Wirkung auf den Wohnraum – eine brillante, chorische Gesellschaftskritik. Es ist der Tanz um das goldene Kalb, das vielleicht doch nur ein Ochse ist. Und das rosa Sparschwein glänzt im Scheinwerferlicht.
Weil die finanzielle Not Mia drückt, beschließt sie in eine WG zu ziehen. Sie findet dort leere Pizzakartons und Chips auf dem Boden. Die WG ist ein chaotischer Mikrokosmos mit überzeichneten Figuren, die alle auf ihre Weise mit der Realität hadern.
Es folgen weitere Episoden, die das komplexe Beziehungs- und Gesellschaftsgeflecht skizzieren – stets durchzogen von kritischen, aber auch tragikomischen Momenten - auch das ältere Ehepaar will seine finstere Wohnung nur für einen völlig überzogenen Preis vermieten und Mia zieht schließlich in ein Einmann- bzw. Einfrauzelt ein, während die Immobilienhaie sich freuen und feiern und das rosa Sparschwein im Scheinwerferlicht glänzt.
Das Theaterstück ist multimedial. Der Einsatz von Musik, Licht, absurdem Theater und einem Chor macht es vielfältig und abwechslungsreich, auch dank der kompetenten Technik-AG. Das Figurenensemble reicht von der Anwältin über die Maklerin bis zum WG-Hippie – ein Panoptikum urbaner Gesellschaft. Die Wohnungsfrage wird zum Sinnbild eines entmenschlichten Systems. Das Stück besitzt Satire und Tragik, wechselt geschickt zwischen Witz, Ernst und bitterer Realität.
Die Schauspieler haben dies überzeugend und mit viel Geschick umgesetzt. Jede einzelne Person auf der Bühne gab deutlich spürbar ihr Bestes. Jede Figur spielte eine Persönlichkeit, wie wir sie im realen Leben jederzeit treffen können, sei es der Monopoly Man oder die junge Frau, die an der Armutsgrenze leben muss. Alle haben es geschafft, das Publikum nicht nur zu unterhalten, sondern auch nachdenklich zu machen, denn sie haben pointiert und humorvoll zentrale Fragen unserer Zeit gestellt: Wie wollen wir leben? Wie wollen wir uns verhalten? Wie erlangen wir eine gerechtere Gesellschaft? Sie haben den Gästen viel Stoff zum Nachdenken mitgegeben – mit dem Lachen durch die Tränen hindurch. Unter großem Applaus haben die SchauspielerInnen das begeisterte Publikum in das hoffentlich gemütliche und bezahlbare Heim verabschiedet.
Text: Gertrud Edelmann
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